Das Bergamont Kiez Pro ist ein reinrassiges Dirtbike und gehört zu den Klassikern dieses Segments. Für das Modelljahr 2016 haben die Entwickler den Rahmen überarbeitet, um Gewicht zu sparen und die Stabilität zu erhöhen. Kombiniert mit einer soliden Ausstattung, soll das Dirtbike für viel Spaß beim Fliegen und Pumpen sorgen. Wir haben das Modell eine ganze Saison lang ausprobiert und auf den lokalen Spots bewegt. Außerdem durften wir die Profis aus dem Bergamont-Team in Aktion mit dem Kiez Pro erleben.   

Dirtbikes galten bisher als erste Wahl für fette Kicker, hohe Sprünge und spektakuläre Tricks. Daran hat sich bisher auch nichts geändert. Doch mit dem Trend zu Pumptracks gewinnt diese Art von Zweirädern wieder größere Bedeutung und kann einen breiteren Einsatzbereich abdecken: Durch den Steifen Aufbau und die Ausstattung mit soliden Komponenten zu einem vergleichsweise geringen Preis, liegen Dirtbikes auf entsprechend ausgelegten Jump-Lines und vor allem auf Pumptracks in Sachen Effizienz und Spaßfaktor weit vor den konventionellen MTBs. Aus diesem Grund haben wir uns ein Dirtbike als Testrad organisiert und sind damit eine ganze Saison auf lokalen Spots unterwegs gewesen. Ausgewählt haben wir für unseren Test das Bergamont Kiez Pro, das auch von Pavel „Vishneviy“ Alekhin aus dem Profi-Team der Hamburger Fahrradschmiede im angedachten Einsatzgebiet artgerecht und ohne Gnade bewegt wird. Was das Dirtbike aus St. Pauli kann, erfahrt ihr in diesem Artikel.

Das Bergamont Kiez Pro im Detail

Kompakter Rahmen mit auffälligem Design

Die Basis des Bergamont Kiez Pro bildet ein kompakter Rahmen aus einem stabilen Rohrsatz, welcher aus 6013-Aluminium gefertigt wurde. Das Material ist zudem T4/T6-wärmebehandelt, was der Stabilität zugutekommt. Gegenüber dem Vorjahresmodell wurde der Rahmen überarbeitet und durch die strategische Reduzierung von „Gussets“ auch noch leichter. Die Formsprache fällt dadurch homogener und geradliniger aus.

Beim Design hält sich der Hersteller nicht zurück und setzt auf einen extrem auffälligen Metallic-Lack in Lila, der durch pinke Elemente akzentuiert ist. In Kombination mit den schwarzen Komponenten, wurde ein einzigartiger Look realisiert, durch den das Bergamont Kiez Pro als wahrer Blickfang auf jeder Dirtline oder auf dem Pumptrack gilt.

Ansonsten zeichnet sich der Rahmen des Bergamont Kiez Pro durch Erweiterungsmöglichkeiten für den Antrieb aus. Montieren lässt sich bei Bedarf ein Schaltwerk. Befestigungspunkte für die Züge sind ebenfalls vorhanden. Wer als von Singlespeed auf eine mehrere Gänge wechseln will, der kann das im Falle des Dirtbikes der Hamburger problemlos realisieren.

Weitere Features sind die hinteren Ausfallenden, die in 3D-Schmiedetechnik gefertigt wurden. Selbige verfügen über Adapterplatten mit denen sich die Kettenstreben um 1,5 Zentimeter verlängern lassen. Das hilft unter anderem auch beim Spannen der Kette.

Insgesamt fällt der Aufbau des Bergamont Kiez Pro sehr robust aus. Verstärkungen an stark strapazierten Bereichen untermauern den Eindruck.

Geometrie

Hinsichtlich der Geometrie zeigt sich das Hamburger Dirtbike modern, denn ein vergleichsweise langer Reach und kurze Kettenstreben sind hier Standard.

Zwei Größen bietet Bergamont vom Kiez Pro an. Die genauen Daten können der folgenden Tabelle entnommen werden:

Rahmengröße

M

L

Sitzrohrlänge 325 mm 325 mm
Sitzrohrwinkel 73 Grad 73 Grad
Obberrohrlänge 555 mm 573 mm
Steuerrohrlänge 110 mm 110 mm
Lenkwinkel 69 Grad 69 Grad
Kettenstrebenlänge 385 – 400 mm 385 – 400 mm
Radstand 1.030 – 1.045 mm 1.050 – 1.060 mm
Reach 415 mm 435 mm
Stack 558 mm 558 mm
Tretlagerabsenkung -35 mm -35 mm
Federweg (Front) 100 mm 100 mm
Laufradgröße 26 Zoll 26 Zoll

 

Ausstattung

Die Ausstattung des Bergamont Kiez Pro fällt – wie bei allen Dirtbikes – sehr übersichtlich aus und ist auf das nötigste beschränkt. Dabei setzen die Hamburger allerdings auf Komponenten, denen eine gute Preis-Leistung nachgesprochen wird.

Manitou-Federgabel

Demnach befindet sich an der Front die Manitou Circus Expert mit 100 Millimetern Hub und 32-Millimeter-Standrohren. Die Gabel ist spezifisch auf den Dirtjump-Einsatz ausgelegt und bietet die entsprechenden Merkmale. Dazu gehört unter anderem eine verstärkte Brücke am Casting, die zusammen mit der 20-Millimeter-Steckachse für Stabilität sorgen soll.

Auf der Dämpfungsseite setzt Manitou einen sogenannten „Jump Stack“ ein, der entsprechend auf die Anforderung des angedachten Einsatzbereiches ausgerichtet ist. Die Druckstufe lässt sich zudem bis zum Lockout zudrehen. Darüber hinaus befinden sich auf beiden Seiten im Casting „Bottom Out Bumpers“, die bei einem Durchschlag die Kraft abfedern, was nicht nur die Hände schonen soll, sondern auch ein Verdrehen der Standrohre. Auf der Federseite kommt das ACT-Air-System zum Einsatz. Damit kann die Vorspannung der integrierten Stahlfeder je nach Körpergewicht und Vorliebe einfach über den Luftdruck angepasst werden.

Maxxis-Reifen und Sunringle-Laufräder

Das Bergamont Kiez Pro steht auf stabilen 26-Zoll-Laufrädern, die sich aus verschiedenen Teilen zusammensetzen. Den Kern bilden hauseigene Naben, die speziell auf die Gravity-Belastung ausgelegt sind. Über Edelstahlspeichen erfolgt die Verbindung zu den stabilen Inferno-29-Felgen von Sunringle.

Bei den Reifen greifen die Hamburger wie gewohnt auf Maxxis zurück. Zum Einsatz kommt der DTH (Drop The Hammer) in der Draht-Ausführung mit einer Breite von 2,30 Zoll. Dieser Reifen ist explizit für den Street- und Dirt-Bereich entwickelt und kombiniert laut dem Hersteller durch das spezielle Profil hohen Grip bei geringem Rollwiderstand. Eine lange Haltbarkeit soll ebenfalls gegeben sein.

Singlespeed-Antrieb mit passender Übersetzung

Aufgrund der Auslegung als Profi-Dirtbike kommt das Bergamont Kiez Pro standesgemäß mit einem Singlespeed-Antrieb daher. Am Heck ist dazu ein Zahnkranz mit 14 Zähnen verbaut.

Eine stabile Kurbel kommt von der Marke Truvativ und hört auf die Bezeichnung „AKA“. Daran befestigt ist ein Kettenblatt mit 32 Zähnen. Die daraus resultierende Übersetzung eignet sich gut für den Dirtjump- und Pumptrack-Einsatz. Bei der Kette greift der Fahrradhersteller auf ein Produkt von KMC zurück, das für die Verwendung an BMX-Bikes und besonders schwere Beanspruchungen ausgelegt ist.

Avid-Bremse am Heck

Obwohl das Dirtbike von St. Pauli über zwei Bremsaufnahmen verfügt, wurde lediglich eine am Heck verbaut. Das ist bei solchen Rädern üblich, um die Bewegungsfreiheit so wenig wie nötig einzuschränken. Um das Kiez Pro zum Stehen bringen zu können, hat Bergamont die hydraulische SRAM DB5 mit einem 160-Millimeter-Rotor kombiniert. Das gewählte Modell erlaubt die individuelle Verstellung der Griffweite am Hebel.

Übersichtliches Cockpit

Da weder Schaltung, noch eine zweite Bremse verbaut sind, zeigt sich das Cockpit sehr puristisch und aufgeräumt. Der 720 Millimeter breite Lenker der hauseigenen Marke bietet einen Rise von fünf Zentimetern. Aufgesteckte Griffe sowie ein massiver Vorbau in 50 Millimetern Länge runden das Ganze ab und stammen ebenfalls aus dem eigenen Sortiment. Lediglich der Steuersatz kommt von Cane Creek.

Sitzbereich ohne großen Schnick-Schnack

Die obligatorische Sattelstütze und der griffige Sitz sind wenig spektakulär, aber funktionell ausgeführt. Auch bei diesen Komponenten greift Bergamont auf das eigene Sortiment zurück.

Gewicht

Auf die Waage bringt das Bergamont Kiez Pro laut dem Datenblatt 11,4 Kilogramm in Größe M ohne Pedale. Letztere werden aber in Form der Wellgo-B087U-Flatpedals ab Werk mitgeliefert.

Damit haben wir ein Gewicht von 12,2 Kilogramm bei unserer Variante in Größe L messen können, wodurch das Bergamont Kiez Pro zu den leichteren Dirtbikes gehört.

Verarbeitung und Haltbarkeit

Hinsichtlich der Verarbeitung gibt es selbst nach einem Jahr nichts zu bemängeln. Schweißnähte und Lack sind sauber ausgeführt. Auch die Montage erfolgte sehr sorgfältig. Nach einem Jahr im Gebrauch hat allerdings die Stärke der neonfarbenen Akzente nachgelassen. Hinsichtlich der Funktion ist bisher allerdings nichts Negatives aufgefallen.

Praxis/Fahreigenschaften

Eine ganze Saison lang waren wir mit dem Bergamont Kiez Pro unterwegs und haben einige Pumptracks und Dirtspots besucht. Dabei überzeugte das kompakte Spaß-Bike durchweg. Allerdings müssen wir an dieser Stelle zugeben, dass das Bike aufgrund fehlender Skills nicht an die Belastungsgrenze getrieben wurde. Mittelgroße Sprünge und lange Pumptrack-Sessions waren daher kein Problem für das Kiez Pro.

Nichtsdestotrotz konnten wir uns einen Eindruck vom Fahrverhalten des Bikes verschaffen: Neben einer hohen Agilität und dem guten Rollverhalten punktete die beste Ausstattungsvariante der Kiez-Serie mit einem verspielten Handling. Letzteres ist unter anderem auch dem leichten Rahmen zuzuschreiben. Der längere Reach führt hingegen zu einer stabileren Flugbahn. Außerdem ist der Fahrer dadurch schön zentral im Bike positioniert.

Fast durchweg positiv ist auch die Gabel beim Dirt-Einsatz hervorgestochen. Demnach wurden harte Landungen beim Springen sauber abgefedert. Auf dem Pumptrack konnte die Manitou Circus durch die verstellbare Dämpfung bis hin zum Lockout glänzen. Mit dem härtesten Setting fühlte sich das Bike dabei sehr effizient an und ist gut nach vorne gegangen. Allerdings merken schwere Fahrer, dass es der Gabel trotz 20-Millimeter-Steckachse und verstärkter Brücke geringfügig an Steifigkeit mangelt.

Das können die Pofis mit dem Bergamont Kiez Pro

Um zu sehen, was mit dem Bergamont Kiez Pro möglich ist, haben wir den Profi-Fahrern von Bergamont bei der Arbeit mit dem Dirtbike zugeschaut. Ganz oben auf der Liste stand dabei Pavel „Vishneviy“ Alekhin, der inzwischen zu den Top-Fahrern der Welt-Elite im Dirtjump gehört.

Auf der Eurobike 2016 konnten wir auch einen kurzen Blick auf sein optimiertes Rad werfen: Neben einer leichteren Kurbel, dem Verzicht auf eine Bremse und eine abgeflexte Postmount-Aufnahme, war das Bike des Profis mit einem leichteren Lenker und Vorbau sowie einer Gabel mit Luftfeder ausgestattet. So konfiguriert lag das Gewicht bei etwa 10,5 Kilogramm.

Beim Dirtjump-Contest auf der Eurobike zeigte Pavel „Vishneviy“ Alekhin auch gleich, was mit dem getunten Kiez Pro möglich ist und trickste sich am Ende auf Platz zwei. Das folgende Video zeigt ein paar der Highlights:

Doch auch André Vogelsang, der ehemalige Team-Fahrer und jetzige Event-Manager bei Bergamont, weiß mit dem Kiez Pro umzugehen. Im lokalen Dirtpark, der von ihm mitgebaut und instandgehalten wird, zeigte er, was mit dem Bike alles geht.

Fazit

Das Bergamont Kiez Pro ist ein erstklassiges Dirtbike, das im Gesamten durchweg überzeugt. Spaß auf der Jump-Line und dem Pumptrack ist garantiert. Vor allem die Agilität und das sehr gute Handling durch die moderne Geometrie sowie das geringe Gewicht lassen das Bike fast schon optimal dastehen. Hinzukommt die runde Ausstattung, die im Dauertest wirklich problemlos funktionierte. Auch die Circus-Gabel von Manitou hinterließ durch die umfangreichen Verstellmöglichkeiten und die DJ-Performance einen positiven Eindruck. Abgerundet wird das Bergamont Kiez Pro durch die besondere und extrem auffällige Lackierung, die in gewisser Weise den Charakter von St. Pauli widerspiegelt.

Kritikpunkte an dem Bike sind die Steifigkeit der Gabel bei sehr schweren Fahrern und die Neon-Akzente, die mit der Zeit etwas an Intensität verlieren. Der letztgenannte Faktor ist aber ein allgemeines Phänomen bei solchen Farben und kein Problem, dass nur Bergamont betrifft. Daher handelt es sich bei den genannten Punkten um Kritik auf hohem Niveau.

Insgesamt betrachtet, ist das Bergamont Kiez Pro ein nahezu kompromissloses Dirtbike, das für eine breites Grinsen beim Fahrer sorgen wird. Die unverbindliche Preisempfehlung des Herstellers lag zur Markteinführung bei 1.099 Euro. Inzwischen ist das Rad bereits deutlich günstiger zu haben und gilt damit fast schon als Schnäppchen. Aufgrund des überzeugenden Auftritts, verleihen wir dem Bike unsere Empfehlung:

Modelljahr 2017 ohne Pro-Version

Das hier getestete Bergamont Kiez Pro stammt aus dem Modelljahr 2016. Eine überarbeitete Version für die anstehende Saison gibt es nicht. Daher bildet das Kiez Dirt 2017 die neue Spitze in dem Sortiment. Dieses Bike bietet eine etwas abgespecktere Ausstattung als das Pro-Modell. Statt der DB5 kommt eine Level-T-Bremse von SRAM (DB3-Niveau) zum Einsatz. Außerdem wurde die Truvativ-Kurbel samt Innenlager gegen Teile der Hausmarke getauscht. Der Preis für das Kiez Dirt 2017 fällt aber mit 999 Euro auch etwas günstiger aus.

Bild: Bergamont

Über Bergamont

Bergamont Bicycles entwickelt und vertreibt Fahrräder. Das Unternehmen ist in Hamburg zu Hause und liefert die eigenen Räder in die ganze Welt. Vom City- oder Trekkingbike für den Alltag, bis hin zu Rennrädern und Mountainbikes – für den professionellen Einsatz bietet Bergamont für jeden das richtige Rad. (Quelle: Facebook)

Wertung

87%
87%
Sehr gut
  • Design / Optik
    10
  • Verarbeitung
    9
  • Ausstattung
    7
  • Gewicht
    9
  • Steifigkeit
    9
  • Fahreigenschaften
    8
  • User Ratings (3 Votes)
    7.7
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