Das Cannondale Moterra dürfte derzeit eines der exotischsten eMTB auf dem Markt sein, denn Form und Design weichen von den bekannten Standards ab. Doch genau darin liegen angeblich die Vorteile des Bikes: Das Resultat der Batterie-Platzierung soll ein tiefer Schwerpunkt und damit ein hervorragendes Fahrverhalten sein. Doch auch die Integration des Bosch-Motors ist einzigartig. Wir wollten genauer wissen, was das eMTB kann und haben uns deshalb das Cannondale Moterra LT1 als Testrad ausgeliehen.
Cannondale Moterra LT1: Agiles eEnduro mit agressivem Design im Test

Cannondale hat sich lange vom eBike-Sektor ferngehalten und erst mit dem Modelljahr 2017 passende Produkte vorgestellt. Allerdings haben die Ingenieure die Zeit sinnvoll genutzt, um bestehende Technologien anzuschauen und nach Lösungen für eine bessere Integration zu suchen. Das Resultat ist ein martialisch wirkendes eMTB mit vielen Design-Elementen, die in dieser Form an keinem anderen Mitbewerbermodell zu finden sind. Außerdem wurden Motor und Batterie speziell im Rahmen platziert, was nicht nur zu dieser einzigartigen Optik, sondern auch zu einem optimalen Fahrverhalten führen soll. Getreu dem Motto „Form Follows Function“ waren die Entwickler hier am Werk.

Ob das Konzept auch am Ende auf dem Trail und im praktischen Einsatz überzeugen kann, haben wir ein paar Tage lang ausprobieren können. Dafür griffen wir auf das Top-Modell Cannondale Moterra LT1 zurück. Unsere Erfahrungen damit und den Gesamteindruck geben wir in diesem Review ausführlich wieder.

Das Cannondale Moterra LT1 2017 im Detail

Das Cannondale Moterra LT1 basiert auf einem Alu-Rahmen, dessen Besonderheit in der Akku- und der Motoraufnahme liegt. So wird die Batterie anders als bei vielen Mitbewerbern nicht von oben, sondern von unten in das Unterrohr eingesetzt und mittels Gummiband gesichert. Letzteres soll gleichzeitig auch vor Steinschlag und Beschädigungen schützen. Diese Positionierung erlaubt laut Cannondale einen tiefen Schwerpunkt.

Auch bei der Integration des Motors hat der Hersteller etwas Spezielles umgesetzt, denn das Gehäuse wurde gegen eigene Teile ausgetauscht. Das ermöglicht, den Bosch Performance CX in einem anderen Winkel zu verbauen als üblich und somit kürzere Kettenstreben zu realisieren. Selbst die Rahmenelemente um den Motor wurden sehr steif ausgelegt, um maximale Stabilität zu garantieren. Den Bereich um den elektrischen Antrieb nennt Cannondale daher „Torsion Box“.

Ein weiteres Highlight am Cannondale Moterra LT1 ist die Montageoption für einen Flaschenhalter. Möglich wird dies durch den Knick im Unterrohr und den nach unten verlegten Akku und die besondere Umlenkung mit Carbon-Wippe. Ein Novum in diesem Segment und ein willkommenes Feature.

Ansonsten bringt das Cannondale Moterra LT1 weitere Merkmale mit, die vor allem im praktischen Einsatz hilfreich sind und vor Schäden schützen. Dazu gehören der Protektor an der antriebsseitigen Kettenstrebe sowie der massive Unterfahrschutz für den Motor.

Natürlich integriert der Hersteller auch moderne Features wie ein Tapered-Steuerrohr, innenverlegte Züge und eine breite Hinterradnabe mit 157 Millimetern. Passend dazu wurde die Kettenlinie um sechs Millimeter nach außen versetzt.

Hinsichtlich des Designs setzt Cannondale beim Moterra LT1 auf leuchtende Farben, die im Kontrast wirklich ins Auge stechen. Der Rahmen ist in einem Neon-Grün gehalten und mit feuerroten sowie schwarzen Akzenten aufgepeppt. Eine eigenwillige Mischung, die unserem Geschmack nach aber recht ansprechend wirkt.

Geometrie

Das Cannondale Moterra LT1 zeigt sich als klassisches Enduro mit 160 Millimetern Federweg und einem flachen Lenkwinkel von 66 Grad. Dazu kommt ein tiefes Tretlager und recht kurze Kettenstreben. Allerdings fällt auch das etwas längere Sitzrohr auf.

Die folgende Tabelle zeigt die Geometrie-Daten des Cannondale Moterra LT1 im Detail:

Rahmengröße

S

M

L

XL

Sitzrohrlänge 400 mm 440 mm 480 mm 520 mm
Sitzrohrwinkel 74,8 Grad 74,8 Grad 74,8 Grad 74,8 Grad
Obberrohrlänge 556 mm 586 mm 616 mm 643 mm
Steuerrohrlänge 110 mm 122 mm 134 mm 134 mm
Lenkwinkel 66 Grad 66 Grad 66 Grad 66 Grad
Kettenstrebenlänge 443 mm 443 mm 443 mm 443 mm
Reach 396 mm 423 mm 450 mm 477 mm
Stack 588 mm 600 mm 611 mm 611 mm
Tretlagerabsenkung -3 mm -3 mm -3 mm -3 mm
Federweg (Front/Heck) 160/160 mm 160/160 mm 160/160 mm 160/160 mm
Laufradgröße 27,5 27,5 27,5 27,5

Ausstattung

Fox-Factory-Fahrwerk

Ausgestattet ist das Cannondale Moterra LT1 mit einem Fahrwerk von Fox. Dabei greift der Hersteller auf die Top-Komponenten der Factory-Ausführung zurück. An der Front verrichtet eine Fox 36 Float Fit4 in der Boost-Variante den Dienst und bietet dem Fahrer 160 Millimeter Hub. In unserem Test konnte die Gabel überzeugen und passt hervorragend an ein Enduro.

Am Heck arbeitet der Fox Float DPS Factory, der über kein Piggy-Back verfügt und eigentlich nicht für den harten Enduro-Einsatz konzipiert ist. Prinzipiell wäre für einen Dämpfer mit Ausgleichsbehälter bei eingesetzter Flasche noch Platz, auch wenn die Konstruktion dann sehr eng ausfallen würde. Wie gewohnt gibt es am Fox Float DPS Factory die drei Presets „Open“, „Medium“ und „Firm“. Außerdem bietet der Dämpfer die dreistufige Justierung des offenen Modus.

Schwalbe-SuperGravity-Reifen und DT-Swiss-Felgen

Bei den Laufrädern kombiniert Cannondale Formula-Naben mit Speichen und Felgen von DT Swiss. Letztere weisen eine Innenweite von 30 Millimetern auf, sodass die installierten Reifen sehr breit bauen: Obwohl Schwalbes Magic Mary an der Front und Hans Dampf am Heck mit nur 2,35 Zoll angegeben sind, fällt das Maß kaum schmaler als bei vergleichbaren 2,6-Zoll-Pneus aus.

Die Schwalbe-Reifen wurden zudem in der SuperGravity-Variante gewählt, was wiederum einen erhöhten Pannenschutz und besser Laufeigenschaften durch die dicke Karkasse verspricht. Gerade bei schweren eMTBs sorgt diese Lösung für eine höhere Stabilität und führt zu einem präzisen Fahrverhalten.

Bosch-CX-Antrieb mit Shimano-XT-Schaltung

Cannondale setzt beim Moterra LT1 auf den Bosch Performance Line CX, der eine Leistung von 250 Watt mit 75 Newtonmetern bietet. Die Integration erfolgt über eine eigens entwickelte Halterung, die Unterfahrschutz und Hauptlager trägt.

Vier Unterstützungsmodi stellt der Motor bereit von „Eco“, „Tour“, „Sport“ bzw. „eMTB“ und „Boost“. Die Leistungsstufen lassen sich mit den Daumentasten des Purion-Displays „on the fly“ umschalten und bieten dann eine Unterstützung von 50 bis 300 Prozent.

Der 500-Wattstunden-Akku ist im Unterrohr integriert und mittels Gummiband gesichert. Eine kleine Öffnung soll den Zugang zur Ladebuchse ermöglichen. das ist allerdings nur mit viel Fummelei und kleinen Fingern möglich.

Ansonsten kommt eine Shimano-XT-Schaltung zum Einsatz, die sich bisher als robuste Lösung im MTB-Einsatz bewährt hat. Leider verzichtet der Hersteller auf Kassette aus derselben Serie und greift hier auf die günstigere SLX-Version mit 11 bis 42 Zähnen zurück. Eine eigene Kettenführung ist ebenfalls integriert.

 

Shimano-XT-Bremsen

Die Bremsen stammen ebenfalls aus Shimanos-XT-Baureihe und sind mit den Ice-Tech-Belägen ausgestattet. An der Front setzt Cannondale auf einen 203-Millimeter-Rotor. Hinten kommt lediglich eine Scheibe mit 180 Millimetern Durchmesser zum Einsatz. Unserer Meinung nach, sollte ein eMTB immer mit dem Maximum bestückt sein, um aufgrund des höheren Systemgewichts die bestmöglichen Reserven zu bieten.

Misch-Cockpit

Beim Cockpit greift Cannondale auf eigene Komponenten und Produkte von FSA sowie Tange Seiki zurück. Von letzterem Hersteller stammt der integrierte Tapered-Steuersatz. Der 45 Millimeter kurze Vorbau kommt von FSA. Lenker und die recht dicken Griffe wurden aus den eigenen Regalen genommen.

Die Bosch-Purion-Fernbedienung sitz links am Lenker. Das gilt auch für die Fernbedienung der Sattelstütze, die sich unterhalb des Lenkers befindet.

Sitzbereich mit Kind Shock LEV Integra

Das Cannondale Moterra LT1 verfügt über einen Sattel von Fabric. Die Modellbezeichnung lautet „Scoop Elite“. Der Sitz ist auf einer Kindshock LEV Integra montiert, die je nach Rahmengröße einen stufenlosen Hub von 100 (S) über 120 (M) bis 150 Millimetern (L/XL) bietet.

Gewicht

Hinsichtlich des Gewichts gehört das Cannondale Moterra LT1 mit knapp 24 Kilogramm in Größe L nicht zu den leichtesten eEnduro-Vertretern.

Verarbeitung

Die Verarbeitungsqualität des Cannondale Moterra LT1 liegt auf einem hohen Niveau. Lack, Schweißnähte und die Umlenkpunkte wirken hochwertig. 

Praxis/Fahreigenschaften

Ausgewogene Geometrie mit zentraler Sitzposition

Getestet wurde das Cannondale Moterra LT1 auf unseren heimischen Trails und musste steile Anstiege sowie Abfahrten bewältigen. Schon auf den ersten paar Kilometern haben wir uns an das Bike gewöhnt und verspürten eine souveräne Agilität. Das lag unter anderem an der angenehmen Charakteristik des Bikes, die aus der zentralen Sitzposition und der ausgewogenen Geometrie resultiert. Doch auch der Verzicht auf Plus-Bereifung und der tiefe Schwerpunkt führen zu dem Gefühl, auf einem konventionellen Enduro zu sitzen.

 

Bosch Performance CX mit gutem Vortrieb

Trotz des doch recht hohen Bike-Gewichts sorgt der Bosch-Motor für ordentlichen Vortrieb und damit für Spaß auf dem Trail. Die vier integrierten Modi bieten eine abwechslungsreiche Unterstützung und liefern verschiedenen Fahrern den gewünschten Support. Hierbei ist natürlich der neue eMTB-Modus hervorzuheben, der gerade auf abwechslungsreichen Trails die beste Option darstellte. Je nach eigener Kraft regelt der Motor die Unterstützung dynamisch, was zu einem sehr flüssigen Vorankommen führt und den Fahrspaß verstärkt.

Wer natürlich längere Strecken fahren will, ist je nach Kondition mit dem „Tour“- oder „Eco“-Modus gut bedient. Der „Turbo“ muss lediglich bei sehr steilen Abschnitten zum Einsatz kommen. Allerdings zeigt auch der Bosch Performance CX die typische, harte Abschaltung bei 25 Kilometern pro Stunde. Insgesamt überzeugt der Motor aber mit guten Eigenschaften und treibt das Cannondale Moterra LT1 kräftig an. Vor allem Bergauf ist immer genügend Power vorhanden, selbst wenn die Trittfrequenz niedrig bleibt. Dank der ausgewogenen Kettenstreben klettert das eEnduro anständig und etwas besser als beispielsweise das von uns getestete Stevens E-Sledge+.

Hohe Agilität und hervorragende Fahreigenschaften

Bergab zeigt sich dann, was das Cannondale Moterra LT1 so besonders macht. Hierbei wirkt sich der sehr tiefe Schwerpunkt klar auf die Agilität des Bikes aus. Wir konnten die Trails spielerisch herunterbrettern und das Bike problemlos in Schräglage versetzen. Positiv tragen dazu auch die gewählten Reifen bei, denn durch die stabile Seitenwand liegt das Cannondale Moterra LT1 deutlich satter auf dem Trail. Auch die ausgewogene Geometrie führt zu der hohen Wendigkeit. Trotzdem bietet das eMTB eine angenehme Spurtreue – selbst in schnellen Passagen.

Was während technischer Passagen aber etwas gestört hat, war das doch recht lange Sitzrohr. Etwas mehr Beinfreiheit wäre an dieser Stelle wünschenswert. Mitbewerber sind an dieser Stelle je nach gewählter Größe einige Zentimeter kürzer.

Fahrwerk mit straffer Front

Gewohnt gut arbeitete auch das Fox-Factory-Fahrwerk. Kombiniert werden hohe Sensibilität mit der effizienten Ausnutzung des Hubs. Alle Unebenheiten wurden sauber weggebügelt. Nichtsdestotrotz könnten Heck und Gabel etwas besser harmonieren, denn der Dämpfer rauscht trotz korrektem SAG und dickem Spacer recht schnell durch den Federweg. Mehr Progression durch eine straffere Abstimmung würden hier sicherlich einiges bewirken.

Gute Ausstattung mit leichtem Defizit

Insgesamt wirkt die Ausstattung gut und ist funktionell gewählt. Im Test zeigten sich alle Komponenten unproblematisch und verrichteten den Dienst souverän. Allerdings würden wir uns die XT-Bremsanlage auch am Heck mit 200-Millimeter-Rotor wünschen – einfach, um die Bissigkeit zu erhöhen mehr Reserven zu haben.

Fazit

Cannondale hat es mit dem Moterra LT1 geschafft, ein eMTB abzuliefern, dessen Design zwar etwas eigenwillig und für den ein oder anderen etwas gewöhnungsbedürftig ist, aber die Fahreigenschaften in Kombination mit dem potenten Bosch-CX-Motor umso besser ausfallen. Dank niedrigem Schwerpunkt und spezieller Motor-Integration bietet das Bike eine hohe Agilität, erlaubt schnelle Richtungswechsel und überzeugt mit Laufruhe und Spurtreue. Letzteres ergibt sich auch aus der Wahl der Reifen: Dank äußerst stabiler Karkasse und Non-Plus-Ausführung, liegt das Cannondale Moterra LT1 satt auf dem Trail und lässt sich präzise steuern. Die Verarbeitungsqualität und die Wahl an soliden Komponenten sind ebenfalls als positive Merkmale hervorzuheben.

Nichtsdestotrotz sorgt das Design auch für einige Kritikpunkte. So lässt sich der Akku nur durch die Herausnahme aus der Halterung wirklich bequem laden. Wer den Anschluss im eingebauten Zustand erreichen will, braucht sehr kleine Finger und viel Geschick. Außerdem sammelt sich im Batteriefach und in den zahlreichen anderen Lücken viel Schmutz, was die Reinigung erschwert. Bei der Bremsanlage würden wir uns außerdem wünschen, dass der Hersteller am Heck einen größeren Rotor verbaut, um mehr Reserven zu schaffen.

Obwohl das Cannondale Moterra LT1 optisch nicht jeden ansprechen dürfte und kein Schnäppchen ist, beeindruckt das eEnduro mit hervorragenden Fahreigenschaften sowie Lösungen, die bisher kein anderer Hersteller anbieten kann. Wer also nicht auf den Preis schauen muss und viel Agilität wünscht, sollte das Cannondale Moterra LT1 in die engere Auswahl einbeziehen. Uns hat das Konzept überzeugt, weshalb wir unsere Redaktionsempfehlung vergeben:

Cannondale bietet das Moterra in weiteren Ausführungen an. Dazu gehört das LT2, welches mit einem Rock-Shox-Fahrwerk daherkommt. Daneben gibt es noch drei weitere Modelle mit reduziertem Federweg von 130 Millimetern an Front und Heck.

Wertung

86%
86%
Sehr gut!
  • Design / Optik
    9
  • Verarbeitung
    10
  • Ausstattung
    7
  • Fahrwerk
    8
  • Downhill-Performance
    9
  • Uphill-Performance
    9
  • Motorunterstützung
    8,5
  • Fahr-Modi
    9,5
  • Reichweite
    8
  • Gewicht
    8
  • Steifigkeit
    10
  • User Ratings (6 Votes)
    7.3
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